Stage, der Werder-Chancentod? „Der bekannte Knoten ist mal geplatzt“

Jens Stage ist so etwas wie die Lunge im Werder-Spiel – als äußerst torgefährlich galt er bislang jedoch nicht. Bis zu diesem furiosen Sonntag. Über einen Dreierpacker, der trotzdem bescheiden bleibt.

Keine Ausstell-Erlaubnis seiner Frau: „Ball für den Keller“

Wie üblich, wenn ein Fußballprofi drei Treffer in einer Partie erzielt hat und dieser nicht zufällig Harry Kane heißt, werden die Erinnerungen an die Vergangenheit bemüht. Auch Jens Stage musste zum Abschluss des 5. Bundesliga-Spieltags erst einmal in sich gehen, wann sich ein solches Ereignis das letzte Mal zugetragen haben könnte: „In der Jugend“ – natürlich, bekannte der 27-Jährige, „bei den Profis niemals“.

Ein Doppelpack sei ihm in der dänischen Superliga mal gelungen, ließ Stage zumindest noch wissen – und Recherchen ergaben: Am 10. Mai 2021 war das, bei einem 2:2-Unentschieden mit dem FC Kopenhagen gegen den FC Nordsjaelland. Für seinen Ex-Klub erzielte er in insgesamt 111 Spielen ja sogar 21 Treffer, was einer für einen Mittelfeldspieler beachtlichen Quote von fast 19 Prozent entspricht.

Stage: So etwas wie die Lunge im Werder-Spiel

Doch seitdem Stage im Sommer 2022 für vier Millionen Euro zum SV Werder Bremen gewechselt ist, ist dieser Wert auf etwa acht Prozent gesunken. Beim Bundesligisten war er bis zum Sonntagabend nicht unbedingt bekannt dafür, sich vermehrt als Torschütze zu betätigen. Drei Tore waren es in den 32 Ligaspielen seiner ersten Saison 2022/23, weitere drei in der darauffolgenden vergangenen Spielzeit – 30-mal ist er da zum Einsatz gekommen.

Das sind vernünftige Werte für einen Spieler, dessen Hauptaufgaben eher darin liegen, für Stabilität zu sorgen und den Übergang und die Balance zu einem offensiven Künstler wie Romano Schmid herzustellen. Als Dauerrenner ist der Mann, der sich selbst als „intensiven Spieler“ bezeichnet, so etwas wie die Lunge im Werder-Spiel: Immer wieder zieht der Däne zu langen Läufen an, reißt somit wertvolle Räume. Auch Leiter Profifußball und Ex-Profi Peter Niemeyer sagte mit so einiger Anerkennung: „Er macht Meter für die Mannschaft. Meter, die wehtun.“

„In der Vergangenheit hat er die eine oder andere Chance nicht gemacht. Aber diesmal war er eiskalt. Genauso brauchen wir ihn.“ (Marvin Ducksch)

Und jetzt also: drei Treffer, in einer Partie – nicht in einer Saison. Damit war Stage letztlich der entscheidende Mann beim völlig turbulenten Bremer 4:3-Sieg in Sinsheim, dem ja erst ein früher 0:3-Rückstand und dann eine Rote Karte gegen Stanley Nsoki als Knackpunktszene des Spiels vorausgegangen war. „Uns tat es gut, dass wir einen torgefährlichen Mittelfeldspieler auf dem Platz hatten, der die Partie in die richtige Richtung gelenkt hat“, sagte Mitspieler Marvin Ducksch.

Doch der Angreifer war nicht der einzige Werder-Protagonist, der bei dieser einmaligen Gelegenheit mit einem Lächeln auch darauf hinwies, dass Stage zuletzt eigentlich doch eher als Chancentod in Erscheinung getreten war. „Mich freut es für ihn“, so Ducksch weiter, „weil wir in der Vergangenheit auch die eine oder andere Chance gesehen haben, die er leider nicht gemacht hat. Aber diesmal war er eiskalt. Genauso brauchen wir ihn.“

Fehlende Effektivität? „Das Thema hat er selbst erkannt“

Allein in dieser Saison war der Däne schon mehrfach aussichtsreich gescheitert, etwa beim 0:0 gegen Borussia Dortmund, als er in der 11. Minute einen Nachschuss aus wenigen Metern neben das Tor gesetzt hatte. So sagte Profi-Chef Niemeyer nicht ganz unbegründet: „Der bekannte Knoten ist mal geplatzt.“ Das Potenzial von Stage habe er schon länger erkannt, ließ der 40-Jährige durchblicken, „und wenn der jetzt noch torgefährlich wird … Ich hoffe jetzt mal nicht, dass er schon sein ganzes Pulver verschossen hat.“

Werder-Cheftrainer Ole Werner indes betonte ebenfalls noch, dass Stage jene Effektivität vom Sonntag „sonst auch das eine oder andere Mal schon abgegangen war. Dass das grundsätzlich ein Thema für ihn ist, wo er sich verbessern kann, hat auch er für sich erkannt und arbeitet daran.“ Zumal Stage durch seine intelligenten Wege ja bereits oftmals zum Abschluss komme – nur die Ausbeute sei eben ausbaufähig.

Stage: Keiner für den Mittelpunkt

Der Torschütze selbst reagierte im Übrigen ganz bescheiden auf seinen ersten Profi-Dreierpack. Anstatt die entsprechenden Fragen dazu zu nutzen, sich in den Mittelpunkt zu drängen, wollte Stage lieber „der Mannschaft applaudieren“. Und nicht mal der Spielball, den er sich in Sinsheim sichern ließ, wird im Hause Stage ausgestellt. „Nee, nee, nee“, machte der Bremer deutlich, dass das mit einer solchen Erlaubnis nicht so einfach werde: „Bei meiner Frau bekommt er keinen Platz. Der kommt in den Keller.“

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