Nach Kritik auch unter der Gürtellinie: Can und Trainer Sahin bleiben ganz bei sich

Vollkommen verdient behielt Borussia Dortmund an diesem Samstag die Punkte – mal wieder – im heimischen Stadion. Ein Befreiungsschlag für Trainer Nuri Sahin und vor allem auch für den zuletzt kritisierten Kapitän.

Dortmund: „Das war über 90 Minuten unser bestes Saisonspiel“

So einige Vorwürfe hatte sich Borussia Dortmund zuletzt gefallen lassen müssen – darunter etwa der taktische „Kniff“ von Nuri Sahin beim 2:5 in Madrid, die komplett verspielte frühe 1:0-Führung in Augsburg oder das enttäuschende Pokal-Aus trotz akzeptabler Leistung beim 0:1 in Wolfsburg. Alles gepaart in dieser sportlichen Halloween-Horror-Woche vom Umstand, dass es gleich zehn Ausfälle zu verkraften gab.

Nach dieser dritten Pflichtspielniederlage oder auch fünften Auswärtspleite am Stück blieb beim hochverdienten und vor allem leidenschaftlich dargebotenen 2:1-Erfolg über RB Leipzig nur noch ein Minuspunkt übrig: die mangelnde Chancenverwertung bei diesem fünften Heimsieg im fünften Ligaspiel (Platz 1). Denn das zunächst kassierte 0:1 wäre ebenso nicht notwendig gewesen wie die finale Spannung, vielmehr hätten es drei, vier Tore werden müssen.

Kurzum: Viel Positives war vom personell arg geschwächten BVB zu sehen – was Emre Can kurz nach Schlusspfiff beim Gespräch mit Sky direkt anzusehen war. „So wollen wir Fußball spielen – mit dem Ball, gegen den Ball“, sagte der Kapitän. „Das ist unser Anspruch, aber das schaffen wir nicht in jedem Spiel – das wissen wir. Chapeau an die Mannschaft, was sie hier geleistet hat nach dieser letzten Woche und dem Verletzungspech. Das ist unser Schicksal momentan, das wissen wir. Doch wir müssen dagegen ankämpfen, nicht meckern, weitermachen.“

Sahin: „Das ist der Weg“

Sein Trainer Nuri Sahin sah es genauso: „Die Jungs haben das gut gemacht – kämpferisch und fußballerisch. So stellt man sich das vor, das war von der ersten bis zur letzten Minute ein verdienter Sieg. Und das war über 90 Minuten unser bestes Saisonspiel.“ Ausschlaggebend sei aus seiner Sicht auch gewesen, aus der Personalnot heraus am Freitag nur eine halbe Stunde Taktik-Training absolviert zu haben – „und dass man hier direkt gemerkt hat, dass die Jungs verstanden haben, was wir von ihnen wollten“. Das habe das Team vollständig gegen RB gezeigt.

Die aktuelle TabelleEin BVB-Sieg, der eine „berechtigte Frage“ aufwirftVolles Vertrauen in Sahin: „Nicht irgendwie daher gesagt“

Und so sich und Coach Sahin, der logischerweise aufgrund der jüngsten Resultate selbst unter Druck gestanden hatte, einen Befreiungsschlag einbrachte. Einem Befreiungsschlag, der Sahin wieder Lob einbrachte – und der direkt einzuordnen wusste für sich wie zuletzt eben die negativen Stimmen: „Das ist keine Floskel: Ich verstehe die Kritik – die, die nicht unter die Gürtellinie geht und mit Fußball zu tun hat. Dann hat das mit mir auch nicht so viel gemacht … Ich wusste ja, als ich den Vertrag hier unterschrieben habe, dass ich im Spotlight stehen werde – gerade wenn es nicht läuft.“

Lob jetzt mache deswegen auch nicht extrem viel mit ihm, das sei der andere Teil des Geschäfts – „und ich bleibe bei mir. Ich freue mich einfach fürs Team – gerade weil dieses Spiel heute für den Weg, den wir gemeinsam gehen wollen, extrem wichtig war. Er freue sich einfach, dass er zu seinen Jungs nun ganz wie der Mandalorian aus der bekannten Disney-Serie sagen könne: „Das ist der Weg.“

Zuletzt kritisierter Can: „Bin auch nur ein Mensch“

Teil dieses Weges, der nun wieder auf die Erfolgsstraße führte, war auch wieder Can. Also der zuletzt teils harsch kritisierte Kapitän der Westfalen, der an diesem Samstag als stabiler Defensivanker aufgefallen war und etwa in der 71. Minute stark vor der Torlinie gerettet hatte. Angesprochen auf die jüngst kritischen Töne sagte der Routinier im Anschluss: „Nicht schön. Am Ende bin ich auch nur ein Mensch, der Leistung bringen will – und das nicht jede Woche, nicht in jedem Spiel hinbekommt. Aber ich versuche mich trotzdem nicht zu verstecken, in der Kabine da zu sein. Und ich habe Fehler gemacht, keine guten Spiele gemacht, das weiß ich. Ich kann auch mit Kritik umgehen – aber nicht, wenn es unter der Gürtellinie ist. Damit kann ich nicht umgehen – und es war bisschen unter der Gürtellinie.

Groß darüber schimpfen wolle er aber auch nicht, „ich will weiter Fußball spielen und für die Jungs da sein, auch wenn es nicht immer einfach ist“. Und dabei sei er so, wie er nun mal sei – „ich spiele nichts vor. Manche kommen damit klar, manche nicht.“ Schlussendlich sei so ein Sieg inklusive Lob auch ganz individuell für seine Leistung als Kapitän auf dem Platz „Balsam für die Seele. Denn es ist nie schön, Kritik zu bekommen. Wie gesagt: Ich bin auch nur ein Mensch und versuche immer, mein Herz auf dem Platz zu lassen.“

Was Can auch über Sahin berichten konnte: „Es war auch keine einfache Phase für ihn – das war in seiner jungen Laufbahn sicherlich die schwierigste Phase. Deswegen denke und glaube ich auch, dass er damit zu kämpfen hatte.“ Am Ende aber habe er das Team trotz der Verletzungs- und Ergebnismisere top eingestellt – und die Mannschaft so zu dieser leidenschaftlichen Leistung getrieben.

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